Chronisches Schlafdefizit: Was ist ein sozialer Jetlag? - Die gestörte innere Uhr im Alltag
- ede-line
- vor 12 Stunden
- 6 Min. Lesezeit
Angaben ohne Gewähr! Dieser Beitrag ersetzt keinen Arzt- bzw. Spezialistenbesuch!
Immer mehr richten wir unseren Schlaf nach alltäglichen Begebenheiten, die unser Leben Tag ein und Tag aus begegnen. Dabei kann dies schwere Folgen für uns haben, die uns nicht immer gleich bewusst sind. In der heutigen Gesellschaft nehmen Schlafstörungen, Erschöpfung und co immer mehr zu. Doch ist es nicht ein Problem, das erst seit gestern bekannt ist. Schon Erich Kästner hat gesagt: „Wer schlafen kann, darf glücklich sein".
Studien zeigen, dass ein großer Teil der Erwachsenen zu wenig schläft und der Anteil derer, die darunter leiden, in den letzten Jahren zugenommen hat. In Deutschland spricht man von etwa sechs Millionen Menschen mit chronischen Schlafstörungen. Ein erschreckender Anteil!
Auch unter Euch tut das Thema Schlafstörungen eine wichtige Rolle zu spielen. Denn ihr habt mit deutlicher Mehrheit in meiner letzten Umfrage abgestimmt, mehr über das Thema "Chronisches Schlafdefizit: Was ist ein Sozialer Jetlag?" erfahren zu wollen.
Mein Überblick über den heutigen Beitrag:
1. Was ist ein Sozialer Jetlag und wie wird er verursacht?
Ein sozialer Jetlag entsteht durch die Diskrepanz zwischen dem natürlichen zirkadianen Rhythmus (unsere „innere Uhr“) eines Menschen und den Anforderungen der Gesellschaft, z.B. zu frühem Aufstehen für Schule oder Arbeit oder Schichtdienst. Menschen leben gegen ihre „innere Uhr“ und somit kommt es zu einem Schlafdefizit. Wenn der zirkadiane Rhythmus des Körpers, der normalerweise durch Licht-Dunkel-Zyklen gesteuert wird, durch einen stark abweichenden Zeitplan gestört wird, entsteht ein Zustand, der dem Jetlag durch Reisen in andere Zeitzonen ähnelt. Auch wenn der persönliche Chronotyp nicht zum Rhythmus des gesellschaftlichen Lebens (Arbeitszeiten, Unterricht etc.) passt, entsteht ein "sozialer Jetlag". Häufig ist dies der Fall bei "Spättypen" - mehr zu unseren Chronotypen im nächsten Abschnitt.
2. Unsere Chronotypen
Schlafmediziner unterscheiden beim Schlaf 3 sog. Chronotypen. Sie sind ausgerichtet nach physische Merkmale wie z. B. Hormonspiegel, Körpertemperatur, Schlaf- und Wachphasen, Leistungsvermögen zu unterschiedlichen Tageszeiten in unterschiedlicher Ausprägung. Man unterscheidet zwischen "Frühtyp" (Lerche), Normaltyp und "Spättyp" (Eule).
Frühtyp: Wie der Name es schon sagt, sind "Frühtypen" am Morgen am Aktivsten und in bester Leistungsfähigkeit. Dafür werden sie relativ zeitig müde und die Konzentration lässt zum späten Nachmittag nach. Lerchen, wie Frühtypen auch genannt werden, sind häufig schon relativ früh wach (gegen 6 Uhr). Konzerte, Theaterbesuche oder Partys überstehen sie nur mit Mühe. Ein Mittagsschlaf kann hier förderlich sein.
Normaltyp: Der "Normaltyp" beim Chronotyp beschreibt Personen, deren Schlaf-Wach-Rhythmus weder extrem früh noch extrem spät ist, sondern irgendwo dazwischen liegt und sich nach dem natürlichen Tageslicht richtet. Der "Normaltyp" ist am weitesten verbreitet.
Spättyp: Spättypen sind das Gegenteil vom Frühtyp. Abendtypen (oder: "Eulen") haben es in der traditionellen Arbeitswelt oft schwer. Sie quälen sich morgens aus dem Bett, obwohl ihre innere Uhr noch auf Schlaf steht. Spättypen sind besonders leistungsfähig am Nachmittag. Partys und co. Überstehen sie gut.
3. Wie wirkt sich ein Sozialer Jetlag auf unsere Gesundheit aus?
Ein Sozialer Jetlag kann sich auf Dauer negativ auf die Gesundheit auswirken. Es können sowohl psychische als auch körperliche Folgen auftreten.
Es kann zu chronischem Schlafmangel, Schlafstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Stimmungsschwankungen führen. Langfristig kann dies das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Adipositas, Bluthochdruck und andere chronische Krankheiten erhöhen.
4. Hilfreiche Tipps, um die negativen Folgen eines sozialen Jetlags zu verringern
Ganz einfach gesagt, man sollte seine soziale Uhr nach der biologischen Uhr ausrichten. Das klingt einfach, aber ist in der Praxis nicht immer so einfach umsetzbar. Besonders Spättypen kommen hier in ein großes Dilemma, da der Berufsalltag sowie auch Schulen so strukturiert sind, dass wir früh beginnen und deshalb früh aufstehen müssen. Was gegen die innere Uhr eines Spättypen spricht. Es sei denn sie arbeiten in einer Branche wo Spätdienste üblich sind, wie z.B. im Restaurant (kann aber bei einem Frühstücksangebot auch wieder koellieren mit den Zeiten). Hier haben es Frühtypen deutlich einfacher, jedoch können auch sie ein soziales Jetlag entwickeln. Besonders am Wochenende und in unserer Freizeit stehen besonders in den Abendstunden viele Programme an, die auch für Frühtypen problematisch sein können und sie aus ihrem Rhythmus bringen können.
Auch wenn es eher schwierig wird, seine komplette soziale Uhr nach der Inneren zu strukturieren, gibt es trotzdem ein paar Strategien, die die negativen Folgen eines sozialen Jetlags verringern können:
Eigenen Chronotypen kennen: Um dem sozialen Jetlag gegen zu steuern können, sollte man erstmal seinen eigenen Chronotypen kennen, damit man auch weiß wann man am produktivsten ist und manche (flexiblen) Termine etc. danach ausrichten kann.
den eigenen Schlafrhythmus beibehalten: Spättypen sollten am Wochenende nicht zu viel und lange ausschlafen, da somit es schwieriger ist am Montag wieder in den frühen Rhythmus zu kommen, dass kann die Symptome eines sozialen Jetlags verschlimmern.
mehr Licht: Spättypen brauchen in den Morgenstunden mehr Licht und Frühtypen zum Nachmittag/Abend. Im Büro und in der Schule sollten sozusagen Spättypen am Morgen am Fenster sitzen und Frühtypen zum Nachmittag. Leider auch in der Praxis nicht immer umsetzbar.
auf den Chronotypen des Partners Rücksicht nehmen: Lernen sie in Harmonie mit ihrem Partner zu leben, auch wenn sie verschiedene Chronotypen sind. Zum Beispiel: Ein Frühtyp kann das Frühstück schon Mal vorbereiten oder die Kinder schon Mal wecken und der Spättyp kann in der Zeit noch etwas im Bett schlummern.
5. Das verzögerte Schlafphasensyndrom
Um 22 Uhr oder 00:00 Uhr zu Bett gehen? Das ist für einen Menschen mit einem verzögerten Schlafphasensyndrom nicht machbar, denn ihre „innere Uhr“ für den Schlaf-Wach-Rhythmus ist aus dem Gleichgewicht geraten. Menschen mit einem verzögerten Schlafphasensyndrom sind Spättypen. Man spricht in diesem Sinne auch von "Extremen Eulen".
Das verzögerte Schlafphasensyndrom (ZSPS) ist eine zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, bei der Betroffene zu spät einschlafen und entsprechend zu spät aufwachen. Sie ist eine chronische Störung der richtigen Schlafenszeitpunkte. Betroffene schlafen typischerweise zwischen 1:00 und 6:00 Uhr nachts ein, die Aufwachzeit liegt in den späten Vormittagsstunden oder am Nachmittag. Der Schlaf selbst ist nicht gestört und Betroffene sind sonst auch gesund. Allerdings durch die Anforderungen in der Gesellschaft, die nun mal oft darauf ausgelegt sind, dass wir zu frühen Zeitpunkten aufstehen sollen um zu Arbeit und co zu kommen, machen es diesen Menschen besonders schwer ihren Alltag zu meistern. Sie fühlen sich müde, erschöpft, wie gerädert. Und auch wenn Betroffene ihren Rhythmus an die Anforderungen der Gesellschaft anpassen und früh aufstehen und dadurch müde sind; können sie am Abend gegen 22Uhr nicht einschlafen, sondern erst wieder zwischen 01:00 und 06:00 Uhr. Diese chronische Müdigkeit und Erschöpfung kann für manche Betroffene sehr belastend sein und schränkt sie ein ihren Alltag gut zu meistern. Haben die Betroffenen die Möglichkeit, ausreichend lang zu schlafen, z. B. bis 11.00 Uhr, wachen sie ausgeruht aus und sind tagsüber nicht müde.
Dieses Krankheitsbild gibt es auch als sog. vorverlagertes Schlafphasensyndrom. Dies betrifft "extreme Lerchen". Sie sind sehr früh wach, jedoch dafür auch schon gegen den Nachmittagsstunden extrem müde. Schätzungsweise leiden etwa 0,07–0,13 % der Bevölkerung in Industrienationen am verzögerten Schlafphasensyndrom. Meist beginnen die Probleme in der Pubertät. Junge Männer sind mehr betroffen als Frauen.
Um ein verzögertes Schlafphasensyndrom zu diagnostizieren zu können wird meist in der Diagnostik mit Schlaftagebüchern und Schlaftrackern gearbeitet. Es gibt keine körperlichen Anzeichen, um die Diagnose zu bestätigen. Zudem sind auch die Schlafphasen nicht gestört oder verändert. Das Ziel der Therapie ist es, den normalen Tagesrhythmus wiederherzustellen, sodass die betroffenen Menschen morgens ausgeruht aufwachen. Hierzu gibt es allerdings noch nicht viele Behandlungsmöglichkeiten. Oft werden eine Licht- oder Chronotherapie empfohlen sowie die Gabe von Melatonin. Normale Schlafmittel oder Beruhigungsmittel haben keine oder eine nachteilige Auswirkung auf die Änderung des Schlaf-wach-Rhythmus.
Wie gehst Du mit Deinem Schlaf um? Hast Du auch Probleme beim Schlafen?
Meine Quellen:
Der Podcast "Über Schlafen" von Deutschlandfunk Nova
Dr. Alfred Wiater: Präventive Strategien für einen gesunden Schlaf
https://schlafapnoe-heilen.de/sozialer-jetlag-die-besten-tipps-dagegen/
READ:
Ein Leben mit Narkolepsie – Interview mit Daniela
Schlafen auf Reisen - ein Interview mit Dominique (Dome)
Warum ist es sinnvoll ein Schlaftagebuch zu führen?
#Blognacht: Nachts, wenn alles schläft - Schlaf passend gemacht
DGSM 2024 - Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin
(Frühjahrs-)Müdigkeit entgegenwirken - Was tust Du gegen Müdigkeit?
Schlaf & Ernährung
LISTEN:
Du möchtest mehr von mir lesen dann abonniere mich. Scrolle dafür nach unten.
Schon allein Schichtarbeit ist nicht gut für das Schlafverhalten, aber was will man machen, man muss arbeiten gehen und Geld verdienen. LG Romy